#31s ist einerseits das Ergebnis eines Kunstexperiments und ein Beitrag zur bereits länger anhaltenden Debatte über Streaming von Musik, den das Leipziger Label Analogsoul zusammen mit seinem Künstlernetzwerk realisiert hat. #31s ist aber dann doch mehr, es zeigt die Mächtigkeit von Skripten und Algorithmen, die ungleiche/ungerechte Ausschüttung von Honoraren an den Künstler und wie Streaming von Musik unsere Hörgewohnheiten ändert.
Der Hintergrund
“2015 wurden über 2 Billionen Musikstücke online gestreamt. Das sind 2000 Milliarden Songs, etwa vier Mal so viel wie im Jahr zuvor und auch 2016 wird sich die Zahl gestreamter Musik wieder vervielfachen … Während Spotify knapp 2 Milliarden Euro Umsatz macht, verdient der Urheber eines Songs zwischen 0,2 Cent und 0,9 Cent pro StreamAbruf.” Ab 30Sekunden schüttet Spotify Honorare an Musiker aus, also könnte jeder Musikstück nur noch 30 Sekunden, bzw. 31 Sekunden lang sein um Geld zu erwirtschaften. Die ausführliche Info als Pdf ( deutsch )
Es geht nicht nur ums Geld
Musik ist viel mehr als ein Produkt was man mit Geld bezahlen kann, Musik ist ein Gedanke, ein Ausdruck tiefer Emotionen und immer auch etwas sehr persönliches, das haben die Künstler hier deutlich gemacht, indem sie ihren Sound in ein 31 Sekunden Konzentrat “gepresst” haben, jeder auf seine eigene Art. Wie dieses Kunstexperiement gelingt, ist dabei zu einem großen Teil an den Hörgewohnheiten des Konsumenten abhängig. Was denkt ihr? Mögt ihr Slow Food oder seid ihr Fast Food Fans? Wie sich die Musik weiterentwickelt aber bestimmen nicht mehr nur die Musiker, ihre Produzenten und Hörer, sondern auch mehr und mehr Computer. Lest dazu einen Beitrag, inkl. Interview auf Analogsoul.
Der Futurist Francesco Balilla Pratella fordert in seinem ersten «Manifest der futuristischen Musiker» (1911):” …in die Musik all die neuen Haltungen der Natur (zu) tragen, die durch den Menschen kraft der unaufhörlichen wissenschaftlichen Entdeckungen auf jeweils verschiedene Weise bezwungen wird. […]” Zugleich stellte er bereits vor über 100 Jahren fest:”Den großen zentralen Motiven des musikalischen Gedichts muß man die Herrschaft der Maschine und das sieghafte Reich der Elektrizität hinzufügen.”
Der Bezug zum Liquid Sound Club
Wir als Clubreihe nutzen Streaming seit einiger Zeit und haben bereits Tonnen virtueller Clubmitschnitte online auf Mixcloud zum kostenlosen Anhören bereitgestellt. Der Produzent eines Tracks hat dort die Möglichkeit Geld zu verdienen, wenn seine Musik über Juno gelistet ist, dorthin verlinkt Mixcloud wenn es einen Track im Mix erkennt.
Nun sind die Konzerte und Liquid Sound Clubs immer auch eine Klangreise , die sich nur schwerlich komprimieren lässt, zum Glück bekommen die DJs hier eine Gage, auf die mitunter mehr Verlass ist als auf die Einnahmen vom Streaming. Machmal ist der DJ auch Produzent einiger Stücke seines Mixes und erhält zumindest somit über diesen Wege eine Wertschätzung seiner Arbeit ( Unabhängig von der GEMA ).
#31s Künstler, die bereits im Liquid Sound Club gespielt haben: Less, No Accident in Paradise, Hofuku Sochi, Me and Oceans, Arpen …
Mein vorläufiges Fazit
Beim Durchhören der Stücke fiel mir auf, wie unterschiedlich lang 31 Sekunden sein können. Nun, ich habe keinen Spotify Account, weil ich die Auswahl dort nie als besonders vielfältig für mich als DJ empfand. Ich nutze daher andere Streamingdienste wie Amazon, iTunes oder Bandcamp, bei denen die Monetarisierung nach einen anderen Modell funktioniert, dort unterstütze ich den Künstler direkt mit einem Beitrag pro Song oder einem Album. Für mich das bessere Konzept, so rein subjektiv.
Die Idee hinter #31s bleibt auf jeden Fall spannend in ihrer Umsetzung, nicht zuletzt weil man ein Album auf Länge einer EP komprimiert. Ein nächster Schritt wäre vielleicht die Wiederentdeckung der Medleys als Darbietungsform moderner Popmusik ( siehe: Stars on Long Play ) ? … to be continued.
Ahoi Euer Noxlay